|                         Jan Hagels Sieg                     Auszug aus                   Pangnirtung | 
|   Wulfland liegt irgendwo zwischen Ambronien, ost-west
  gesehen, während seine südlichen Grenzen aus den Taurisker Bergen bestehen
  und die nördlichen am schäumenden Meer enden. Die Geschichte Wulflands,
  außerordentlich bewegt, schwankend zwischen bitterem Elend und jubelndem
  Glanz, hatte gegenwärtig einen jämmerlichen Tiefstand erreicht. Es stürzte
  von den lichthohen Pforten Walhallas bis tief in die finstere Höhle
  Niflheims. Nach langen Reibereien, Unruhen und Kriegen, wurde es endlich
  unterworfen, gedemütigt, geschröpft und schließlich umerzogen. Der Bereich der Demütigung lag in den Händen Albias,
  dem Schrein der Rechtschaffenheit, während die Schröpfung von Adulam geleitet
  wurde, ferner die Umerziehung mit viel Hursch und Hösch von Melochia betrieben wurde, der Heimat Mammons, dem Bollwerk des
  Kultus Strangulus.  Man ging tapfer voran. Missionare vom Orden Merode
  samt Borstenschnitt und Schussern im Mund, manche fast zwanzig Jahre zählend,
  gesegnet von einer Sprache mit unzähligen Flüchen gewürzt, fielen über die
  Wulfen her. Sie nannten sich die Tempelherren der Neuzeit, berufene Verkünder
  der Gleichscherung, welche auf dem Roß Zelot umherritten, das aus dem Maul
  die Kunde vom Tamtam prustete, dazu aus beiden Nüstern das Evangelium der
  Ochlokratie sprühte. Unaufhaltsam zogen sie queraus, querein, mit dem Gefühl einer
  geweihten Berufung im Herzen, die allerdings zuviel Lärm im kleinen
  Kämmerlein schlug. Es gab eine Menge zu tun. Innerhalb kurzen Monaten begann ein stechen und
  stoßen, so eine Art Buhurt, wie nie zuvor. Die Regeln wurden aus dem Buch Hoi
  Polloi entnommen. Voraus ritten Cherubs, von Vater Maneken gefolgt, von der
  Mutter Viragio geleitet. Sie bliesen ins Horn Tulifant, welches stets
  angewandt wurde um König Rülp anzukünden. Nebenher huschten grell bemalte
  Schwe- stern ohne Brünne und Schild, beide Hände voll mit Kreppapier, womit
  sie die nackten Noten umwickelten, damit die arg bedrängte Unschuld der
  Wulfenjugend nicht ganz verkümmere.  Hinter den Cherubs trabten die Ritter Allegleich, auf dem Roß Aberklug, mit
  beiden Händen die Lanze Mittelmaß schwingend. Ihre Gegner im männlichen
  Turnier, nämlich, die Wulfen, flüchteten ohne Roß und Wehr in alle Winde.
  Hucha, das war ein Kampf. Flips und Flaps, kaum der Muttermilch entwöhnt,
  entbrannt vom Fanal der guten Taten, fuhren mit viel Hösch und Rah unter sie, bereit ihnen die
  alte, verderbliche Kultur aus der Haut zu bleuen. Beistand erhielten sie von
  den Älteren, welche, frühzeitig verbraucht vom Rosenkranzturnen und der
  Tyrannei der Küche, mit Pilatusstimmen die Wulfen in den Pferch Demokritus jagten. Dort wurden alle genötigt am Altar Hypokrit ein
  Bekenntnis der Erbschuld abzulegen. Ferner mußten sie einen Eid schwören,
  fortan die Gesinnung der Väter zu verschmähen sowie die Bräuche des
  schwitzenden Haufens annehmen. Um die Sündentilgung zu beschleunigen, mußten
  alle täglich ein Bad im Öl der Reue nehmen, sich danach mit den Tüchern der
  Sühne abtrocknen und abschließend aus einer Kehle das Krakamal Wulflands
  singen.  Teilnehmen mußte jeder, Mann wie Mage. Obwohl hauptsächlich Männer für
  alle Vergehen verantwortlich gemacht wurden, verstorbene, gegenwärtige, wie
  zukünftige, fühlte sich der Messias vom fernen Westen, auch als Riff bekannt,
  trotzdem verpflichtet auch Frauen und Kinder reinzuwaschen. Man schritt
  tapfer voran. Die Adulamer rempelten sich mit gewohntem Vorwitz
  voran. Sie schickten ihre besten Krieger aus, vornehmlich Rachull mit den
  hundert Händen und Alastor mit den tausend Upaszungen. Zur ewigen Rache
  verschworen, wünschten sie jedem Wulfen eine Prometheusleber, ferner sich selbst den Schnabel des Adlers Ethon.
  Albia, im Gegensatz, am Herd der Redlichkeit rosig geworden, fühlte sich zu
  erhaben um mit entblößtem Speer mit zu turnen; beileibe nicht. Die Spitze wurde in ein Futteral gesteckt, welches mit
  Stichelhaaren gepolstert war. Albianer sind weithin bekannt als Hüter der
  Flamme der Justiz sowie als beste Bogenschützen im weiten Kreis. Ihre Pfeile,
  berühmt und gefürchtet, nennt man Elfenpfeile, deren Einschlag zwar kaum
  gefühlt wird, die sich aber tief ins Gemüt graben, ferner dort ewig haften
  bleiben. Der Reißzahn der Umerziehung, eine Erfindung Albias,
  jedoch von Melochia wesentlich verbessert, drang bis ins Mark der Wulfen, wo
  er wie ein kaledonischer Eber wühlte. Man drang von allen Seiten auf sie ein,
  bestrebt am allgemeinen Hau den Lukas teilzunehmen.  Riff kam vom Westen her. Mit seinem Trippelbruder Albia
  im Schlepptau segelte er im Schaff der Proselytenmacher über das tiefe blaue
  Meer. Er brachte Geschenke für die Wulfen, vom Hemd Nessus bis zum Sack
  voller Lehren und Weisheiten. Als erster sprang Rupp Ohrenfeucht ans Ufer.
  Fortwährend am Stengel Einfalt kauend, suchte er mit einer Hand nach dem
  fehlenden Flaum am Kinn, während die andere wie im Fieber zwei Scheren
  hielten. Mit dem Recht der Meute, welches in Melochia den
  Ehrensitz einnimmt, fiel er über die behaarten Wulfen her. Beseelt vom Drang
  nach guten Taten, der freilich von der Neigung eines Talus verdunkelt wurde,
  schnipfelte er wie ein Tasmanischer Teufel von früh bis spät. Hui, da flogen
  die Haare, wie Federn im Wind flatterten vor allem die Barthaare. Hier muß
  erwähnt werden, daß die Melochianer eine unerbittliche Abneigung gegen
  männlichen Haarwuchs zeigten, vor allem gegen Gesichtshaare. Solch ein
  Wachstum bedeutete ihnen soviel wie die Mißachtung von Muttchen und
  Apfelkuchen. Beim Anblick dieser Ketzerei erfaßte sie eine Berserkerwut. Sie fühlen sich dann nicht bloß befugt,
  sondern verpflichtet mit Härte voranzugehen.  Ermutigt wurden sie von dem Befund ihrer Gelehrten, daß
  gerade in  den Bärten der verhaßte Keim
  Illuminato stecke, den nicht mal der Hammer Malefikarum zermalmen kann. Kein
  sauber geschnittener, rein denkender
  Jüngling, durfte diesem Geziefer ausgesetzt werden. Ganz zu schweigen von den
  Jungfrauen, die ohnehin schon schwer unter der Tugendlast zu keuchen hatten.
  Kurzum, solche unmelochianische Sitten waren derart verpönt, daß nicht mal
  ein Bart am Schlüssel unbestraft blieb, weshalb bis heute ein Hausvater in
  Melochia unbekannt ist. Die Ritter Melochias schirrten das Roß Zelot ein,
  während die Kundschafter aus Adulam und Albia es am Schwanz und den Nüstern
  festhielten. Erst mal bekam es einen Sack voll Edelmut zu fressen, dann wurde
  es an den Brunnen Teuertrunk geführt, aus dem allerdings kein Wasser floß,
  sondern lediglich das Versprechen: erst bekehren, dann saufen. Man schob ihm
  also das Mundstück zwischen die Zähne, gab ihm das Sporenrad zu spüren und
  trieb es mit Huzza und Hurra voran. Wie ein Pfeil flogen Roß und Reiter dahin,
  begierig die Lehren des Ochlokratus mitten unter die Wulfen zu bringen.   Viele Wulfen bekannten sich ohne murren zur neuen
  Religion, ja, manche strauchelten über ihre eigenen Füße im bestreben als
  erste die Hierodulenweihe zu empfangen. Einige allerdings beugten zwar das
  Haupt, aber bruddelten dabei aus beiden Mundwinkeln. Eine geringe Anzahl
  wiederum weigerte sich trutzig Schere wie Benediktum hinzunehmen, was ihnen
  noch teuer zu stehen kommen sollte. Wer sich aber fügte wurde dreifach
  belohnt. Erstens erhielt er den begehrten Reinheitsstempel mitten auf die
  Stirn gesetzt; zweitens durfte er fortan gesiebte Meinungen hegen; ferner
  erhielt er das Recht zum Titel Minim Kalmaus. jedenfalls nicht so ohne weiteres. Die Albianer,
  treu ihrem Blut, wickelten sich während diesen Reibereien in den Mantel
  Sanktimonius und schossen durch beide Ärmel ihre berüchtigten Elfenpfeile
  aus. Allerdings mit wenig Überzeugung, denn auch sie zeigten sich ungeneigt
  die Pimpflatrei auszuüben. Die Belindahuldigung, immerhin ihre eigene
  Erfindung, hätten sie noch gelten lassen, aber nicht die Verehrung des
  Würgels. Nur Adulam verlieh in dieser Hinsicht seine volle
  Unterstützung. Trotz dem quälenden Überdruß, von dem sich Adulamer kaum
  befreien können, schlupften sie flink ins Fell Fanfaron, zündeten die Fackel
  Ostrakon an und zogen mit den Melochianern ins Feld. Den widerspenstigen
  Wulfen wurde es heiß unter dem Schuppenkleid, denn sie wußten die Adulamer
  sind im Besitz der Heroldstrommel, welche üble Nachrichten schneller
  verbreitet als alle Hillebilles der Welt.  Der Gleichstutz schritt unermüdlich voran.
  Eingehüllt in den Mantel Demokritus, scheuerte er den Wulfen Trutz und Mumm
  aus dem Gemüt. Sie stülpten sich allmählich nach dem Sinn Melochias um.   | 
 
